Die Abwärtsspirale der Kinos

Neuigkeiten der Film- und Kinobranche, die nichts oder wenig mit Box Office zu tun haben
Simon
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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Simon » Dienstag 15. September 2020, 21:18

Ich denke in diesen Thread passt das Video vielleicht am besten. Unbedingt mal ansehen, finde es höchstinteressant und mich würde ja auch mal eure Meinung dazu interessieren. Mir selbst fällt es nämlich irgendwie (noch?) schwer, mir ein genaues Urteil zu seinen Vorschlägen zu bilden.


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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Invincible1958 » Dienstag 15. September 2020, 22:20

Simon hat geschrieben:
Dienstag 15. September 2020, 21:18
Ich denke in diesen Thread passt das Video vielleicht am besten. Unbedingt mal ansehen, finde es höchstinteressant und mich würde ja auch mal eure Meinung dazu interessieren. Mir selbst fällt es nämlich irgendwie (noch?) schwer, mir ein genaues Urteil zu seinen Vorschlägen zu bilden.

Die (halb-)staatlichen Kinos gibt es doch schon.
In Hamburg ist es z.B. das Metropolis, welches von der Kinemathek Hamburg e.V. geführt wird, aber im Grunde von der Kulturbehörde bezahlt wird.
Dort finden genau diese Restropektiven mit Vorträgen etc. statt - genau wie von Wolfgang M. Schmidt gefordert. Massen an Zuschauern gehen da trotzdem nicht hin. Solche Kinos und ihre Programme sprechen noch anders als Programmkinos wirklich nur ein paar Hardcore-Cineasten an - selbst in einer Großstadt.

Und anders als er vermutet, habe ich eher das Gefühl, dass die großen Multiplexxe mehr unter den ausbleibenden Besuchern leidern.
Denn wie er richtig sagt: die kleiner Verleiher bringen ihre Filme ja heraus. Und wenn ich in den letzten Wochen und Monaten in kleinen Programmkinos und Stadtteilkinos war, dann waren die Vorstellungen dort meist gut besucht - auf jeden Fall besser als bei jedem Multiplexx-Besuch in letzter Zeit.

Dass in 2021 und 2022 ein Kinosterben kommen wird, das befürchte ich auch.
Aber es wird nicht nur die Kleinen treffen, denke ich.

Und die Lösung wäre meiner Meinung nach nur ein Umdenken in der Bevölkerung, weg vom Sofa, rein ins Kino.
In Frankreich wurde von Politikern in ihren Reden an die Bevölkerung gefordert: "Geht ins Kino! Jetzt erst recht."

Ich habe solche Ausrufe weder von Merkel noch von sonstwem bei uns in den Medien aufgeschnappt.
Hier herrscht eher der Gedanke vor: "Nice to have. Aber wenn es das nicht mehr gibt - auch nicht schlimm."

Neben dem Publikum gibt es aber auch noch die Studios und Verleiher. Und da wäre die Lösung, wenn Deutschland einen starken, eigenen Markt aufbauen würde, so dass die Kinos am Ende gar nicht mehr davon abhängig sind, was aus Amerika kommt.

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Taipan » Mittwoch 16. September 2020, 06:19

Kleinere Kinos, die mit ihrem Programm einen Kulturauftrag erfüllen, dürfen und sollen gerne staatliche Unterstützung bekommen, aber ein Multiplex hat für mich in etwa den gleichen kulturellen Wert wie McDonalds, Pro 7 oder Mobile Games.

Anstelle der "einzigen" Lösung, die es seiner Meinung nach gibt, nehme ich für die Multiplexe in Großstädten lieber die andere, die er ganz doof findet.

Also Cinemaxx Dammtor schließen und El Capitan draus machen. Danke.

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von illuminat » Samstag 26. September 2020, 10:53

Taipan hat geschrieben:
Mittwoch 16. September 2020, 06:19
Kleinere Kinos, die mit ihrem Programm einen Kulturauftrag erfüllen, dürfen und sollen gerne staatliche Unterstützung bekommen, aber ein Multiplex hat für mich in etwa den gleichen kulturellen Wert wie McDonalds, Pro 7 oder Mobile Games.

Anstelle der "einzigen" Lösung, die es seiner Meinung nach gibt, nehme ich für die Multiplexe in Großstädten lieber die andere, die er ganz doof findet.

Also Cinemaxx Dammtor schließen und El Capitan draus machen. Danke.
Na Gott sei Dank haben wir endlich eine Kulturpolizei, die entscheidet, was echte Kultur ist und welche Einrichtungen die Krise überleben dürfen. Danke dafür.

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Taipan » Sonntag 27. September 2020, 07:55

illuminat hat geschrieben:
Samstag 26. September 2020, 10:53
Taipan hat geschrieben:
Mittwoch 16. September 2020, 06:19
Kleinere Kinos, die mit ihrem Programm einen Kulturauftrag erfüllen, dürfen und sollen gerne staatliche Unterstützung bekommen, aber ein Multiplex hat für mich in etwa den gleichen kulturellen Wert wie McDonalds, Pro 7 oder Mobile Games.

Anstelle der "einzigen" Lösung, die es seiner Meinung nach gibt, nehme ich für die Multiplexe in Großstädten lieber die andere, die er ganz doof findet.

Also Cinemaxx Dammtor schließen und El Capitan draus machen. Danke.
Na Gott sei Dank haben wir endlich eine Kulturpolizei, die entscheidet, was echte Kultur ist und welche Einrichtungen die Krise überleben dürfen. Danke dafür.
Da muss man nicht gleich die Moral-Keule schwingen, wenn jemand die Systemgastronomie der Kinolandschaft nicht als unverzichtbaren Teil der menschlichen Kultur betrachtet.

Oder mal anders als Frage formuliert: Worin liegt denn Deiner Meinung nach der kulturstiftende und schützenswerte Sinn von Multiplexen?

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von mercy » Sonntag 27. September 2020, 14:03

Stell dir vor, auch in den sogenannten "Fast Food"-Multiplexkinos kommen anspruchsvolle und Arthaus-Filme. :roll:

Besonders witzig finde ich immer die Meinungen, wenn jemand lieber ins Programmkino geht, da dort "seine" Filme laufen, aber dennoch dort 1/3 bis 1/2 des Programms auch in Multiplexen läuft. Gerade bei Kinderfilmen ist das sehr oft der Fall. Aber Hauptsache sich besser fühlen, wenn man nur ins Programmkino stiefelt. :D

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von illuminat » Montag 28. September 2020, 11:11

Taipan hat geschrieben:
Sonntag 27. September 2020, 07:55
illuminat hat geschrieben:
Samstag 26. September 2020, 10:53
Taipan hat geschrieben:
Mittwoch 16. September 2020, 06:19
Kleinere Kinos, die mit ihrem Programm einen Kulturauftrag erfüllen, dürfen und sollen gerne staatliche Unterstützung bekommen, aber ein Multiplex hat für mich in etwa den gleichen kulturellen Wert wie McDonalds, Pro 7 oder Mobile Games.

Anstelle der "einzigen" Lösung, die es seiner Meinung nach gibt, nehme ich für die Multiplexe in Großstädten lieber die andere, die er ganz doof findet.

Also Cinemaxx Dammtor schließen und El Capitan draus machen. Danke.
Na Gott sei Dank haben wir endlich eine Kulturpolizei, die entscheidet, was echte Kultur ist und welche Einrichtungen die Krise überleben dürfen. Danke dafür.
Da muss man nicht gleich die Moral-Keule schwingen, wenn jemand die Systemgastronomie der Kinolandschaft nicht als unverzichtbaren Teil der menschlichen Kultur betrachtet.

Oder mal anders als Frage formuliert: Worin liegt denn Deiner Meinung nach der kulturstiftende und schützenswerte Sinn von Multiplexen?
Na das ist genau der Punkt: wir leben in einer Gesellschaft, wo niemand dem anderen erklären kann, dass sein Vergnügen, sein Kulturgenuss keine Kultur ist, weniger wert ist und gerne sterben darf. Ich muss dir nicht rechtfertigen, warum Popcorn Kino auf großen Leinwänden Kulturgenuss für mich ist, so wenig wie du dich rechtfertigen musst, dir Arthousfilme in Minisälen anzusehen (was ich btw von Zeit zu Zeit in Multiplexen tue). Wir leben nicht in einer entweder-oder-Gesellschaft sondern in einer sowohl-als-auch-Gesellschaft. Und das schon relativ lange und mit gutem Erfolg.

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Taipan » Dienstag 29. September 2020, 06:29

Dass jeder selbst entscheidet, aus was er seine Freude und/oder Kulturerlebnisse zieht, ist unstrittig. Das ist selbstredend eine der größeren Errungenschaften der freien Welt.
(Nebenbei bemerkt bin ich gar kein "Arthaus" Kinogänger, sondern gehe eigentlich nur ins UCI und dort nach Möglichkeit in den IMAX Saal, da ich ins Kino wegen des Spektakel gehe. Der letzte Film, den ich in einem "Arthaus" Kino geguckt habe, war La-La-Land.)

Wenn jemand jedoch nach staatlicher Förderung und Unterstützung schreit, muss mMn abgewägt werden, was einen größeren Wert für die Gesellschaft hat und was nicht. Und das wird ja auch gemacht. Deswegen wird zB auch nicht jedes Gebäude unter Denkmalschutz gestellt, sondern nach bestimmten Kriterien ausgewählt, welche Gebäude dafür in Frage kommen. Und so sollte es auch bei Kinos gemacht werden und jedes als Einzelfall geprüft werden. Ich kann mit dem Ansatz "entweder die ganze Branche oder keiner" nicht so viel anfangen. Das ist für mich dann eigentlich eher Lobbyismus.

Und um nochmal den Schwenk auf meine eigentliche Aussage zu bekommen: Der Kollege im Video hat gesagt, dass es ohne staatliche Förderung nur noch die Möglichkeit gibt, dass Studios ihre eigenen Kinos haben und fand das total schlecht. Ich für meinen Teil kann da nichts schlechtes dran finden und habe deswegen das Beispiel des "El Capitan" in Hollywood gewählt:
Disneys Premieren Kino, in das ich auf jeden Fall zehnmal eher gehen würde als ins Cinemaxx oder ins UCI wenn ich denn die Wahl hätte. Sollten die Filmstudios eigene Kinos haben, wäre das mMn ein ganz anderes Erlebnis vom Moment des Betreten bis zum Verlassen. Genauso wie Disneyland und die Universal Studios zigfach immersiver sind als der Heide Park oder das Phantasialand.

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von arni75 » Dienstag 29. September 2020, 07:49

Du hättest dann aber, um bei deinem Beispiel zu bleiben, nur noch die Möglichkeit, Disneyfilme im Capitan zu sehen. Diese Monokultur würde dazu führen, dass du einen LaLaLand nicht mehr im Kino sehen könntest. Er würde gar nicht erst produziert werden können.

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Taipan » Dienstag 29. September 2020, 09:51

Wenn ein Studio damit anfinge, würden die anderen ja höchstwahrscheinlich nachziehen.

Also als Gedankenspiel: Disney, Universal und Warner hätten ihre eigenen Kinos. Die Studios aus der zweiten Reihe (Sony, Paramount, Lionsgate...) würden sich wie früher zu so etwas wie UIP zusammenschließen und gemeinsam eine Kette betreiben. Die Programmkinos bleiben wie sie sind und laufen wie bisher weiter. Sollte es dort Probleme geben, kann im Sinne der Kulturdiversivität bei Bedarf mit Fördermitteln nachgesteuert werden.

PS: Dieses Konzept würde natürlich nur in Großstädten funktionieren, in denen der Markt groß genug ist. Die Struktur in kleinen Städten und Gemeinden würde davon unberührt bleiben und "das Multiplex am Platz" sowie das stadteigene Programmkino würden weiterhin alle Studioproduktionen bespielen. Der Unterschied wäre also genauso wie in eigentlich allen anderen Branchen: Je größer der Markt, desto mehr Spezialisierungen.

Es würde außerhalb der Großstädte auch kein Kino aufgrund der neuen Situation pleite gehen. Wenn in München oder Hamburg ein Disney eigenes Kino aufmacht, fährt trotzdem niemand aus Ulm oder Schwerin ein einhalb Stunden mit dem Auto, um dort Captain Marvel, Aladdin oder Die Eiskönigin 2 zu gucken.

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von illuminat » Mittwoch 30. September 2020, 12:46

Taipan hat geschrieben:
Dienstag 29. September 2020, 06:29
Wenn jemand jedoch nach staatlicher Förderung und Unterstützung schreit, muss mMn abgewägt werden, was einen größeren Wert für die Gesellschaft hat und was nicht. Und das wird ja auch gemacht. Deswegen wird zB auch nicht jedes Gebäude unter Denkmalschutz gestellt, sondern nach bestimmten Kriterien ausgewählt, welche Gebäude dafür in Frage kommen. Und so sollte es auch bei Kinos gemacht werden und jedes als Einzelfall geprüft werden. Ich kann mit dem Ansatz "entweder die ganze Branche oder keiner" nicht so viel anfangen. Das ist für mich dann eigentlich eher Lobbyismus.
Ja, da ist schon wieder das Problem: wer entscheidet die Förderwürdigkeit? Wer hat denn derzeit die Zeit und Lust und exponiert sich, in dem er festlegt, dass dieses Kino gefördert wird und das andere schließen muss, weil es in seinen Augen zu wenig Filme einer bestimmten Art spielt? Vor allem nach welchen Kriterien? Anzahl der Besucher? Dann gute Nacht, kleine Kinos. Wirtschaftlichkeit? Bestimmte Filme, die gespielt werden müssen, um gefördert zu werden? Manchmal funktioniert einfach nur die Gießkanne.
Taipan hat geschrieben:
Dienstag 29. September 2020, 09:51
PS: Dieses Konzept würde natürlich nur in Großstädten funktionieren, in denen der Markt groß genug ist. Die Struktur in kleinen Städten und Gemeinden würde davon unberührt bleiben und "das Multiplex am Platz" sowie das stadteigene Programmkino würden weiterhin alle Studioproduktionen bespielen. Der Unterschied wäre also genauso wie in eigentlich allen anderen Branchen: Je größer der Markt, desto mehr Spezialisierungen.

Es würde außerhalb der Großstädte auch kein Kino aufgrund der neuen Situation pleite gehen. Wenn in München oder Hamburg ein Disney eigenes Kino aufmacht, fährt trotzdem niemand aus Ulm oder Schwerin ein einhalb Stunden mit dem Auto, um dort Captain Marvel, Aladdin oder Die Eiskönigin 2 zu gucken.
Ja da widersprichst du dir gerade ein bisschen selbst. Große Kinos außerhalb der Städte sind nicht förderwürdig, sie sollten aber auch nicht in Kinos großer Verleiher umgewandelt werden. Aber schaden wird ihnen das alles nicht...

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Mara » Mittwoch 30. September 2020, 22:19

Taipan hat geschrieben:
Dienstag 29. September 2020, 09:51
Es würde außerhalb der Großstädte auch kein Kino aufgrund der neuen Situation pleite gehen. Wenn in München oder Hamburg ein Disney eigenes Kino aufmacht, fährt trotzdem niemand aus Ulm oder Schwerin ein einhalb Stunden mit dem Auto, um dort Captain Marvel, Aladdin oder Die Eiskönigin 2 zu gucken.
Kommt drauf an. Wenn Disney den Nicht-Disney-Kinos nicht erlauben würde, Disney-Filme zu zeigen, oder die Konditionen dafür so gestalten würde, dass die meisten Kinos sich das nicht leisten könnten, würde den Leuten gar nichts anderes übrig bleiben, als längere Fahrten auf sich zu nehmen und dann halt einen ganzen Familien-Großstadttag (oder sogar ein Wochenende) mit Shopping, Sightseeing, Essen etc. daraus zu machen. Kino als Event ähnlich einem Musicalbesuch.

In die Röhre würden dabei natürlich die schauen, die sich zwar einen einfachen Kinobesuch, aber eben nicht eine solche Reise leisten können. Und die Kinos auf dem Land, die ohne die zugkräftigsten Filme noch mehr zu kämpfen hätten.

Letztlich würde natürlich die ganze Branche darunter leiden, da es insgesamt weniger Kinobesuche gäbe, weil natürlich die Filme, die diesen Trip wert sind, sehr sorgfältig ausgewählt würden. Aber das würde in der ersten Phase der Euphorie darüber, dass man die Gewinne nicht mehr teilen muss, wohl nicht verstanden.

Dieser immer mehr um sich greifende Exklusivitäts-Wahn ist mE insgesamt immer zum Schaden des Gesamtgewinns, weil es zu schlechterer Verfügbarkeit und damit zu geringerer Attraktivität führt. (Und umgekehrt führt offene Verfügbarkeit / freie Zugänglichkeit nicht zu Verlusten.) Siehe z. B. der Irrwitz mit den unterschiedlichen Systemen bei den Stromtankstellen, der die Verbreitung von Elektromobilität noch schwieriger macht als sowieso schon. Man stelle sich mal, vor, wenn das (Verbrenner-)Auto heute erfunden würde, dann wäre es wohl auch so, dass jedes Fabrikat eine eigene Form von Tanköffnung hätte, mit der man nur an Tankstellen/Zapfsäulen des entsprechenden Fabrikats tanken könnte...

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Taipan » Donnerstag 1. Oktober 2020, 06:41

illuminat hat geschrieben:
Mittwoch 30. September 2020, 12:46
Ja, da ist schon wieder das Problem: wer entscheidet die Förderwürdigkeit? Wer hat denn derzeit die Zeit und Lust und exponiert sich, in dem er festlegt, dass dieses Kino gefördert wird und das andere schließen muss, weil es in seinen Augen zu wenig Filme einer bestimmten Art spielt? Vor allem nach welchen Kriterien? Anzahl der Besucher? Dann gute Nacht, kleine Kinos. Wirtschaftlichkeit? Bestimmte Filme, die gespielt werden müssen, um gefördert zu werden? Manchmal funktioniert einfach nur die Gießkanne.
Also da sehe ich nun wirklich überhaupt keine Schwierigkeiten. Es gibt wahrscheinlich Tausende Fördergesetze/richtlinien mit sehrt speziell festgelegten Kriterien, (zB Filmförderung)

Ohne jetzt eine Diskussion anstoßen zu wollen, welche der folgende mir innerhalb von Minuten eingefallenen Kriterien richtig oder falsch sind (da ich ehrlich gesagt nicht gerade dabei bin ein solches Fördergesetz zu schreiben und noch nicht mal gefrühstückt habe) gäbe es zB die folgenden:
Mindestanzahl x der Filme mit dem Prädikat Wertvoll oder Besonders Wertvoll, die im Zeitraum y (zB 2019) gespielt wurden
Mindestzeitraum Jahre z über das ein Kino bereits durchgängig bespielt wurde
Befindet sich das Kino in einem denkmalgeschützen Gebäude?
Hat es einen besonderen historischen Wert?
etc.

Also wenn es eine Sache gibt, die Deutschland richtig, richtig gut kann, dann ist es das detailierte Festlegen von Kriterien, die erfüllt werden müssen, um sich für etwas zu qualifizieren oder zu disqualifizieren.
illuminat hat geschrieben:
Mittwoch 30. September 2020, 12:46
Ja da widersprichst du dir gerade ein bisschen selbst. Große Kinos außerhalb der Städte sind nicht förderwürdig, sie sollten aber auch nicht in Kinos großer Verleiher umgewandelt werden. Aber schaden wird ihnen das alles nicht...
Ich sehe da keinen Widerspruch. Ich habe auch nirgends geschrieben, dass irgendein Kino "umgewandelt werden soll". Ich habe nur den Gedanken weitergesponnen "Was passiert, wenn Multiplexe pleite gehen und Studios übernehmen?" Wenn außerhalb der Großstädte der Bedarf groß genug ist, dann wird es dort auch weiterhin ein Kino geben. Wenn nicht, dann nicht. Das ist aber kein Grund, um hierfür Steuergelder in Förderung zu stecken, nur um etwas aufrechtzuhalten was anscheinend keiner nutzt.
Mara hat geschrieben:
Mittwoch 30. September 2020, 22:19
Kommt drauf an. Wenn Disney den Nicht-Disney-Kinos nicht erlauben würde, Disney-Filme zu zeigen, oder die Konditionen dafür so gestalten würde, dass die meisten Kinos sich das nicht leisten könnten, würde den Leuten gar nichts anderes übrig bleiben, als längere Fahrten auf sich zu nehmen und dann halt einen ganzen Familien-Großstadttag (oder sogar ein Wochenende) mit Shopping, Sightseeing, Essen etc. daraus zu machen. Kino als Event ähnlich einem Musicalbesuch.
Ja da hast Du Recht, darauf kommt es an. Allerdings wird das aus den folgenden zwei Gründen nicht passieren:
1. Das wäre ganz schön dumm von Disney, weil sie dann ziemlich deutliche Geldeinbußen hätten. Statt 700 Kinos, die ihren Film spielen, hätten sie dann noch 10 oder so.
2. Es gibt in den USA ja bereits Stuidoeigene Kinos und es hat nicht dazu geführt, dass die Studios anderen Kinos in einem Umkreis darumherum geschweige denn allen irgendetwas verboten hätten.

Der Rest deines Post bezieht sich ja im großen und ganzen nur auf die von Dir gestellte Hypothese.

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Mara » Sonntag 4. Oktober 2020, 22:57

Taipan hat geschrieben:
Donnerstag 1. Oktober 2020, 06:41
Ja da hast Du Recht, darauf kommt es an. Allerdings wird das aus den folgenden zwei Gründen nicht passieren:
1. Das wäre ganz schön dumm von Disney, weil sie dann ziemlich deutliche Geldeinbußen hätten. Statt 700 Kinos, die ihren Film spielen, hätten sie dann noch 10 oder so.
Es wären vielleicht 10 Kinos, aber ja nicht nur mit jeweils einer einzigen Leinwand. Und weder Leinwände noch Einnahmen müssten sie mit anderen teilen. Auf den ersten Blick könnte das durchaus nach einem attraktiven Modell aussehen.

Denkbar wäre auch, dass in einem bestimmten Umkreis, auf den man als Einzugsgebiet hofft, andere Kinos die Filme nicht spielen dürfen, in abgelegenen Orten aber schon, von denen man nicht mit vielen Besuchern rechnet.

2. Es gibt in den USA ja bereits Stuidoeigene Kinos und es hat nicht dazu geführt, dass die Studios anderen Kinos in einem Umkreis darumherum geschweige denn allen irgendetwas verboten hätten.
Das beruhigt mich insofern nicht, weil in den USA auch hinsichtlich 3D wesentlich mehr Wahlfreiheit besteht als hierzulande. Auch dabei setzt man dort auf ein gleichberechtigtes Nebeneinander, hier eher auf "sanfte Erpressung" des Publikums. Dieses Prinzip könnte auch auf das Studiokino-Modell übertragen werden.

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Mara » Samstag 5. Dezember 2020, 22:57

Ich pack das mal hier mit rein. Der Artikel ist schon etwas älter, aber diese Woche stand nochmal was darüber in meiner Tageszeitung, was aber leider nicht online zu finden ist:

Ein Angebot, das sie nicht ablehnen können

Die Kinomarkt Deutschland eG entwickelt eine gemeinsame E-Commerce-Plattform für Filmtheater. Das Vorhaben ist die digitale Variante von Raiffeisens „Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele“. Ein Vorbild auch für andere Genossenschaften?


https://www.profil.bayern/08-2020/praxi ... n-koennen/

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Mark_G » Dienstag 13. Dezember 2022, 10:29

Interessante Statistik:
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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von student a.d. » Dienstag 13. Dezember 2022, 13:11

Tja, wenn sich das alle bloß mal zu Herzen nehmen würden...
BEST OF 2023: BARBIE, THE SON, THE WHALE, LIVING, IN DER NACHT DES 12.
FLOP OF 2023: THE QUEEN MARY, DIE MITTAGSFRAU, DER EXORZIST: BEKENNTNIS, ASTERIX & OBELIX IM REICH DER MITTE, UTAMA

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von arni75 » Dienstag 13. Dezember 2022, 15:00

Es verzerrt etwas die Tatsache, dass sich dieser Umsatz auf immer weniger, dafür größere Filme verteilt.

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Dumbledore » Dienstag 13. Dezember 2022, 15:41

Und dazu kommen bestimmt noch die mittlerweile höheren Ticketpreise

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Re: Die Abwärtsspirale der Kinos

Beitrag von Mark_G » Dienstag 13. Dezember 2022, 15:44

Natürlich wird das durch die Inflation verfremdet.... Auf der anderen Seite fehlt da noch A2 in der Auswertung... ;-)
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