Taipan hat geschrieben: ↑Mittwoch 5. Dezember 2018, 06:01
Ein bis zwei größere Kinos mit insgesamt 15 Leinwänden sind deutlich günstiger zu betreiben als sechs bis sieben einzelne Kinos mit gleicher Leinwandanzahl. Miete, Personal, Strom, Steuern, Rabatte durch größere Einkaufsmengen etc.
Und dennoch gilt: Je größer das (Gesamt-)Kino, desto teurer der Ticketpreis...
Natürlich wird es dann weniger Auswahl an Filmen geben, aber 30 Kinobesuche pro Jahr solltest Du auch bei einer Auswahl von 300 Filmen pro Jahr statt knapp 600 hinbekommen.
So pauschal lässt sich das nicht sagen, denn logischerweise habe ich nicht 30 Zeitfenster für Kinobesuche und gucke dann, was zu diesen Terminen läuft, sondern ich habe eine Wunschfilmliste und gucke, was davon gespielt wird und ob/wie ich das in meinem Terminplan unterbringe. Es wäre also sehr stark davon abhängig,
welche 300 Filme übrigblieben. Angesichts Deines Konzepts mit lauter "Sälen 1" würden sich dabei wohl vor allem die ganz großen Blockbuster durchsetzen, die bei mir eher unterdurchschnittlich vertreten sind (und aufgrund häufiger Enttäuschungen auch noch seltener werden dürften), d. h. die übrigbleibende Auswahl dürfte für mich ungünstig ausfallen.
(@ Agent K: Das ist auch meine Idee von "Verbesserung": Nicht nur superduper neue Erfindungen, sondern weg mit den Schachtelsälen 5 - 15 aus den Multiplexen, da sich diese richtigerweise nicht viel vom Heimkino unterscheiden und dafür das was man in Saal 1 schon hat auch in Saal 2, 3, und 4 zur Verfügung stellen)
Ich bin eben der Meinung, dass wenn der Kinobesuch mit weniger Aufwand und Kosten verbunden ist, der "Abstand" zum Heimkino gar nicht so groß sein
muss. Und wie schon gesagt: Warum können nicht unterschiedliche Kinos unterschiedliche Strategien verfolgen?
Kino wird auf lange Sicht nur überleben können, wenn Qualität über Quantität gestellt wird, um sich von Konkurrenzprodukten abzuheben.
Beim Motto Qualität über Quantität bin ich bei Dir, allerdings nicht auf die technischen Finessen bezogen, sondern, wie auch bei Agent K, auf die Filme und deren inhaltliche Qualitäten.
Ich verstehe natürlich, dass ein Haufen Filmschaffender davon (mehr oder weniger...) lebt, aber 10-15 oder mehr neue Filme pro Woche sind doch der totale Irrwitz, der dazu führt, dass vieles komplett untergeht und der Rest sich gegenseitig kannibalisiert. Letztens hat sich ein gelegentlicher Kinogänger bei mir beklagt, dass überhaupt kein zeitlicher Spielraum mehr bestünde, einen Film anzusehen, sondern man immer gleich in der ersten Woche reingehen müsste, weil man nicht davon ausgehen kann, dass er länger laufen wird. Und wenn man sich nicht ständig auf dem Laufenden hält, hat man schnell Filme verpasst, die man eigentlich gerne gesehen hätte. Ich kann gut verstehen, dass man da die Lust am Kino verliert.
Ich selbst bin bei kleinen Filmen, auf die ich viel Wert lege, immer zwischen Hoffen und Bangen, dass es (in ihrer ersten Woche) mit meinem vollgepackten Terminplan doch bitte irgendwie passend gemacht werden können möge.
Ich finde, man kann deswegen auch kaum noch Filme - gerade kleinere und mittlere, die von so einer Mundpropaganda am meisten profitieren könnten - empfehlen, weil man oft hinterherschicken muss: Tja, der ist aber leider schon fast überall durch und wenn Du den noch sehen willst, musst Du entweder sonstwo hinfahren oder ein paar Wochen bis Monate das Kinoprogramm der Region im Auge behalten, und hoffen, dass er nachgespielt nochmal in Deine Nähe kommt.
Also lieber weniger Filme und diesen mehr Zeit geben, sich zu entwickeln, die Chance, ein(e) Startwoche(nende) mit "schlechtem" Kinowetter zu kompensieren und mehr Menschen, die sich dafür interessieren, die Möglichkeit, sie auch zu sehen.
Und diese verbleibenden Filme dann mit ungewöhnlicheren, kreativeren Geschichten, die sich einprägen, statt mit immer dünneren, nichtssagenderen Handlungen und immer langweiligeren, schablonenhafteren Charakteren, deren Defizite mit "technischer Qualität" kompensiert werden soll. (Natürlich spricht nichts dagegen, wenn inhaltlich hochwertige Filme auch technisch hochwertig sind). Eben Filme, die es wert sind, dass man sie in der besonderen Atmosphäre des Kinos auf sich wirken lässt, statt sie daheim auf der Couch durchlaufen zu lassen, zwischendurch auf's Klo oder Bier holen zu gehen, am Smartphone rumzudaddeln oder mit den Freunden zu albern (ohne dadurch etwas Entscheidendes verpasst zu haben...)
Aber möglicherweise ist es tatsächlich so, dass wir es aktuell mit einer Generation zu tun haben, die das nicht nur nicht zu schätzen weiß, sondern auch gar nicht mehr in der Lage dazu ist.
Dann frage ich mich allerdings auch, wie lange die Blase "größer - besser - spektakulärer" noch halten wird, da ja zunehmend ein winziger Smartphone-Bildschirm auszureichen scheint, Hauptsache immer und überall verfügbar – und genauso schnell wieder unterbrochen, wenn etwas anderes spannender wird...
Mara
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